Was passiert mit Kindern, die nicht alleine schlafen lernen?

Du liegst nachts im Bett neben deinem Kind und fragst dich, ob es jemals anders wird? Das passiert mit Kindern, die nicht alleine schlafen lernen.

Familie mit Baby im Bett
Quelle: IMAGO / United Archives Keystone

Kennst du das Gefühl, nachts wie ein menschliches Kuscheltier im Kinderbett zu liegen – und dich zu fragen, ob das jemals anders wird? Falls du gerade genau da steckst: Du bist nicht allein. Und du machst nichts falsch. Co-Sleeping steht bei vielen Leuten in der Kritik: Verwöhnt man seine Kinder, wenn man ihnen erlaubt, im Elternbett zu schlafen? Die Antwort ist erst einmal: Nein. Es ist für Kinder (und auch Eltern) ganz natürlich, zusammengekuschelt zu schlafen. Experten sagen, dass Kinder im Familienbett am besten aufgehoben sind. Doch lernen sie dennoch allein zu schlafen?

Auf den nächsten Seiten beantworten dir alle Fragen rund um das Thema und was mit deinem Kind passiert, wenn es in deinem Bett schläft:

Kleinkinder fühlen sich mit ihren Eltern sicherer
Quelle: IMAGO / Zoonar II

#1 Was sagen Experten zum Familienbett?

Kinderarzt Herbert Renz-Polster aus Baden-Württemberg sagt, dass Babys und Kleinkinder in der Nähe ihrer Eltern am besten schlafen. Die Natur habe es so vorgesehen, dass das Bindungssystem aktiviert wird, wenn ein Baby müde ist. Es braucht Nähe und sucht den Kontakt zu seinen Eltern. Das ist noch aus der Urzeit übrig: Ohne Schutz eines Erwachsenen hätten Babys damals nicht lange überlebt. Unsere Kultur und unsere Lebensumstände haben sich in den vergangenen 10.000 Jahren zwar dramatisch verändert, „aber dass Babys Schutz, Muttermilch und Körperwärme brauchen, ist gleich geblieben”, sagt auch Nicola Schmidt, Autorin des Buchs „Artgerecht - Das andere Babybuch”.

Viele Eltern haben dennoch die gleichen Fragen:

Eltern schlafen mit Kindern im Bett und schlafen dadurch besser.
Quelle: IMAGO / Zoonar

#2 Schlafen Eltern schlechter, wenn das Baby im eigenen Bett schläft?

Dieser Mythos hält sich, doch er ist falsch: Aber auch auch Menschenmütter und -väter tragen das Erbe in sich, dann am besten zu schlafen, wenn ihr Kind sicher und geborgen neben ihnen liegt, so Herbert Renz-Polster und Nora Imlau in ihrem Buch „Schlaf gut, Baby!”. Kleine Kinder und Mütter wachen nachts auf um sich versichern, nicht allein zu sein. Auch Väter profitieren vom Familienbett, denn ihr Schlaf wird nicht dadurch gestört, dass die stillende Mutter nachts aufsteht. Babys, die schnell versorgt werden, beruhigen sich auch viel schneller wieder, sodass weder Mutter noch Vater richtig wach werden und dann möglicherweise Schwierigkeiten haben, wieder einzuschlafen.

Aber vor allem hat das Schlafen bei der Mutter noch einen weiteren Vorteil für das Baby:

Familie kuschelt mit Baby
Quelle: IMAGO / Addictive Stock

#3 Sind Kinder, die im Elternbett schlafen, gesünder?

Viele Eltern wollten das gar nicht glauben, aber es stimmt: Co-Sleeping-Kinder werden Untersuchungen zufolge in der Nacht häufiger gestillt. Und das tut ihrer Gesundheit extrem gut. Dadurch schütten sie vermehrt das Bindungshormon Oxytocin aus. Außerdem haben Kinder, die häufig und lange gestillt werden, nach aktueller Studienlage einen bis zu zehn Punkte höheren IQ.

Doch auch die nächste Frage beschäftigt viele Eltern:

Falscher Mythos: Viele Eltern glauben, dass Kinder von ihren Eltern emotional abhängig werden.
Quelle: IMAGO / Westend61

#4 Werden Kinder, die im Elternbett schlafen, emotional instabil?

Viele Eltern glauben, dass Kinder von ihren Eltern emotional abhängig werden, wenn sie zu lange bei ihnen im Bett schlafen können. Nächtliche Nähe vermittelt Sicherheit. Wenn ein Kind weiß: „Mama oder Papa ist da, wenn ich Angst habe“, stärkt das sein Urvertrauen und dies ist eine wichtige Basis für emotionale Stabilität. Kinder, die nachts nicht alleine gelassen werden, entwickeln oft eine tiefere emotionale Sicherheit. Sie lernen: „Meine Bedürfnisse zählen.“ Und das bleibt. Außerdem bleibt ihr Nervensystem. Schreien lassen oder frühes Alleinschlafen können das Stresssystem überlasten. Kinder, die nachts begleitet werden, zeigen häufig ein ausgeglicheneres Nervenkostüm – auch tagsüber.

Aber lernen Kinder so überhaupt irgendwann allein zu schlafen?

Viele Eltern machen sich Sorgen, ob sie „etwas falsch machen“, wenn ihr Kind nicht alleine einschlafen oder durchschlafen will.
Quelle: IMAGO / Addictive Stock

#5 Lernen Kinder im Elternbett irgendwann überhaupt alleine zu schlafen?

Wenn Kinder die Zeit bekommen, die sie brauchen, um sich nachts sicher zu fühlen – sei es durch Körperkontakt, gemeinsames Einschlafen oder das Schlafen im Familienbett –, entwickeln sie meist ganz von selbst ein stabiles und entspanntes Verhältnis zum Schlaf. Ohne Tränen, ohne Machtkämpfe, ohne inneren Widerstand. Ein sanfter Weg dorthin kann ein „Schlafritual-Light“ sein: Das Kind darf bei Mama oder Papa einschlafen und wird später ins eigene Bett getragen. So entsteht nach und nach ein Gefühl von Sicherheit, das auch alleine trägt – aber eben nicht durch Zwang, sondern durch Vertrauen.

Doch was ist mit der Schlafqualität deines Kindes?

Die Beziehung der Eltern wird durch ein Kind im Bett verändert.
Quelle: IMAGO / Westend61

#6 Belastet das Kind im Elternbett die Beziehung der Eltern?

Wenn ein Kind nicht alleine schlafen kann oder darf, wirkt sich das auch auf die Beziehung der Eltern aus – oft mehr, als man sich eingestehen will. Gemeinsame Abende fallen weg, körperliche Nähe wird seltener, Gespräche verschieben sich in den Halbschlaf. Das kann zu Frust führen – aber auch zu neuen Formen von Nähe. Viele Paare finden andere Wege, Zeit füreinander zu schaffen: bewusste kleine Rituale, Reden beim Zähneputzen, Kuscheln auf dem Sofa, wenn das Kind endlich schläft. Wichtig ist: Es ist okay, sich danach zu sehnen, wieder mehr Paar zu sein – und gleichzeitig liebevoll für das Kind da zu sein.

Viele Eltern fragen sich, wann sie ihr Bett für sich haben, ohne das Kind rauszuschmeißen:

Kinder werden früher oder später selbst nicht mehr im Elternbett schlafen wollen.
Quelle: IMAGO / BSIP

#7 Verlassen Kinder irgendwann von selbst das Elternbett zum schlafen?

Ja, viele Kinder wollen irgendwann ganz von selbst alleine schlafen – und zwar genau dann, wenn sie sich innerlich bereit dafür fühlen. Dieses Bedürfnis entwickelt sich meist schrittweise: Erst wollen sie „nur kurz“ ins eigene Bett, dann vielleicht mit Nachtlicht, später ganz allein. Der Schlüssel ist Sicherheit. Kinder, die erleben durften, dass ihre Bedürfnisse ernst genommen werden, entwickeln ein starkes Urvertrauen – und damit auch den Wunsch nach Autonomie. Sie müssen nicht „trainiert“ werden, um alleine zu schlafen. Kein Teenager will freiwillig noch im Bett der Eltern schlafen.

Und so wirkt sich die Erfahrung später aus:

Kinder lernen sich selbst zu fühlen, wenn sie bei ihren Eltern im Bett schlafen.
Quelle: IMAGO / Westend61

#8 Was wird aus Kindern, die lange bei ihren Eltern im Bett schlafen, wenn sie erwachsen sind?

Kinder, die erfahren dürfen, dass Nähe etwas Natürliches und Wertvolles ist, entwickeln ein gesundes Verhältnis zu Körperlichkeit, Gefühlen und Grenzen. Sie lernen: Es ist okay, Zuwendung zu wollen. Es ist okay, verletzlich zu sein. Und es ist okay, Nein zu sagen, wenn etwas zu viel ist. Diese Haltung trägt weit über die Kindheit hinaus. Im Erwachsenenalter fällt es solchen Menschen oft leichter, stabile und liebevolle Beziehungen zu führen – mit einem guten Gespür für Nähe und Distanz. Wer als Kind nicht für seine Bedürfnisse beschämt wurde, muss sie später nicht verstecken. Stattdessen darf er sie in gesunder Weise leben und dies weitergeben.

Auf der nächsten Seite fassen wir alle wichtigen Punkte zusammen:

Kinder lernen viel, wenn sie bei ihren Eltern im Bett schlafen dürfen.
Quelle: IMAGO / photothek

Im Überblick: Was passiert mit Kindern, die nicht alleine schlafen lernen?

  • Sie entwickeln trotzdem ein gesundes Schlafverhalten
  • Ihr Urvertrauen wird gestärkt
  • Sie fühlen sich emotional sicherer – langfristig
  • Ihr Nervensystem bleibt ruhiger
  • Sie schlafen später oft sogar besser – aus freien Stücken
  • Die Bindung wird gestärkt
  • Sie entwickeln ein gesundes Selbstbild
  • Sie holen nach, was sie brauchen
  • Sie übernehmen irgendwann von selbst Verantwortung für ihren Schlaf
  • Sie lernen: Nähe ist nichts, wofür man sich schämen muss
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